Der NDR hat aus Anlass des zehnten Todestages des Fußballers Robert Enke einen Film über das Krankheitsbild Depression produziert. Der Titel „Auch Helden haben Depressionen“ zielt darauf ab, dass auch Stars nicht unverwundbar sind. Robert Enke litt unter schweren Depressionen, bevor er sich aus Hoffnungslosigkeit das Leben nahm. Ein sehr tragischer Fall.
Es ist wichtig, Menschen, die unter Depressionen leiden, zu unterstützen und sie nicht alleine zu lassen mit dem, was der Chef der Psychiatrie an der Universität von Cambridge, Edward Bullmore, im Interview hier „das Stigma“ nannte. Die Ausgrenzung als psychisch labil.
Auch des frühere Fußballprofi Sebastian Deisler litt unter Depressionen und hat 2007 überraschend seine Karriere beendet. Im Film über Robert Enke stellt auch Prof. Florian Holzboer, der Arzt von Sebastian Deisler fest, dass „Depression keine charakterliche Schwäche [ist], sondern eine Stoffwechselkrankheit.“ Diese Feststellung ist sehr erfreulich! Es werden – wenn auch nur allgemein – die Veränderungen des Stoffwechsels im Gehirn angesprochen und eingeordnet in einen Zusammenhang, der das Stigma psychischer Labilität abschaffen soll.
Leider gelingt das im Film und in der Podiumsdiskussion anlässlich der Vorstellung des Films in Hannover nur begrenzt. Immer wieder verfällt ausgerechnet der Leiter der Sendung NDR-Sportclub, Andreas Käckell, in quasi vorauseilenden Gehorsam: Der Profi-Fußball habe nichts mit der Krankheit zu tun. Teresa Enke, die Witwe des Sportlers und Vorsitzende der seinen Namen tragenden Stiftung sagt das auch. Es ist verständlich, dass sie es so sieht. Ihr Mann war mit Leidenschaft Fußballer, auch leidenschaftlicher Profi. Er hat den Fußball geliebt und war vor allem abseits des Platzes unglücklich, wie der Film erzählt.
Von dem Journalisten Käckell wäre jedoch eine kritischere Haltung wünschenswert gewesen.
Depression ist eine Stoffwechselkrankheit, sagt der Mediziner Holzboer. Eine Erkrankung des ganzen Körpers, „wie auch eine Lungenentzündung, oder ein Bandscheibenvorfall.“ Aufhorchen lassen sollte hier das Wort “Entzündung”. Konventionell wird bei chronischen Entzündungen nicht selten Kortison eingesetzt. Es ist die synthetische Variante des Stress-Hormons Cortisol.
Stress kann viele Formen annehmen, allen Formen von Stress gemeinsam ist die Ausschüttung von Cortisol. Dieses Hormon dämpft nicht nur die Entzündungen im Körper, sondern reguliert die Rezeptoren des Glückshormons Serotonin herunter. Serotonin ist der Botenstoff, der Zufriedenheit und Erfüllung signaliaiert. Er soll bei Depression therapeutisch (oftmals pharmakologisch durch SSRI) gestärkt werden, um die Fähigkeit zu stärken, Glück und Zufriedenheit (wieder) empfinden zu können.
Stress ist sowohl körperlich als auch psychisch ein ständiger Begleiter im Profisport, wo Leistungsdruck und Dauerbelastung herrschen. Kommt zu allem noch eine Sucht nach Erfolg oder ein anderer Faktor hinzu, der regelmässig den Botenstoff Dopamin ausschüttet, kann sich ein verhängnisvoller Kreislauf in Gang setzen, den Professor Robert Lustig von der University of California San Francisco (UCSF) hier grafisch dargestellt hat, ist das Rezept für eine Depression komplett.
Stress ist darüber hinaus extrem schädlich für das Mikrobiom, wie Professor Emeram Mayer in seinem Buch zeigt. Im Darm werden die Vorstufen der Neurotransmitter von gesundheitsfördernden Bakterien produziert. Stress ist fatal für diesen wichtigen Produktionsprozess im menschlichen Darm. Und die Verbindung zwischen Darm und Gehirn ist zentral für unsere Gesundheit.
Menschen hätten eine Veranlagung zu Depression, so Käckell, weshalb Robert Enke die Krankheit “wohl auch als Lehrer oder Schlachter bekommen hätte”. Selten war ein Satz im Zusammenhang mit Depression wohl stigmatisierender als dieser! Es ist also doch eine persönliche Schwäche? Jedenfalls kann sich der Sportreporter offensichtlich nicht vorstellen, dass es sehr wohl die für den modernen Profisport typische Verquickung von Gewinnsucht (gibt es nicht nur beim Glücksspiel, sondern auch in der Wirtschaft und im Sport) und körperlich wie psychisch extremer Belastung sein kann, die eine Zunahme von Depression bewirken und erklären kann.
Danke für diesen wichtigen Beitrag über eine gesundheitliche Einschränkung, die für viele auch heute noch ein Tabuthema ist und die Betroffene aus Angst vor Abgrenzung verschweigen